Donnerstag, 13. September 2007

Eine Art von Wertpapieren, von denen man als Privat-Anleger höchstens etwas über die Presse mitbekommt, sind Kreditderivate.

Institutionelle Investoren benutzen sie um Rendite zu erwirtschaften und um ihre Positionen abzusichern. Aber worum handelt es sich dabei?

1. Was sind risikolose und risikobehaftete Anleihen?

Um das zu erklären, muss man erst einmal verstehen, wie ein Profi eine Anleihe (dh. einen Bond) betrachtet: er unterscheidet zwei Arten von Bonds. Zum einen die risikolosen Bonds, das sind in der Regel Staatsanleihen von den Regierungen einer Währung. In US Dollar sind das die so genannten Treasury-Bonds, in Deutschland Bundesanleihen.

Investoren, die in diese Anleihen anlegen, bekommen ihr Kapital mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zurück - müssen sich dafür aber auch mit einer vergleichbar niedrigen Rendite begnügen. Wem das nicht reicht, der investiert in risikobehaftete Anleihen - wie zum Beispiel Unternehmensanleihen.

Wer eine Daimler Anleihe kauft, erhält von Daimler eine Verzinsung die über dem risikolosen Zinssatz liegt, muss dafür aber auch damit rechnen, dass er im Falle eines Bankrotts von Daimler sein gesamtes Kapital oder Teile seines Kapitals verliert. Die Differenz, zwischen der Verzinsung einer Anleihe und dem risikolosen Zinssatz bezeichnen die Profis als "Risikoprämie" oder "Spread".

Wenn sich das Risiko einer Anleihe verringert, wird sich auch der Spread verringern, was gut für die Anleger ist, die bereits investiert sind, da der Kurs steigt. Ein Finanzprofi wird eine Daimler-Anleihe bei einem Spread von zum Beispiel 0.7% kaufen (d.h. 0.7% mehr Verzinsung als bei einer Staatsanleihe) und wenn er später einen Käufer findet, der bereit ist, die Anleihe mit einem Spread von 0.5% zu kaufen, wird er einen Gewinn gemacht haben.


2. Von Anleihen zu Kreditderivaten

In der Aktienwelt ist es häufig zu beobachten, dass Investoren es vorziehen, in Optionsscheine auf Aktien anstatt in Aktien selbst zu investieren.

Die wichtigsten Gründe sind hierfür, dass man
a) über den Hebel von Optionsscheinen mit geringem Einsatz grosse Mengen Kapital bewegen kann, und
b) Optionsscheine nicht nur den Kauf sondern auch den Leerverkauf von Aktien ermöglichen. Man kann also sowohl auf steigende als auch fallende Kurse setzen.

Das Gleiche was diese Aktienderivate (wörtlich: "sich von Aktieninstrumenten ableitende") für die Aktienwelt erreichen, vollbringen Kreditderivate nun für die Anleihenwelt. Die einfachste Art sich dies zu veranschaulichen, ist, sich ein Kreditderivat als eine Versicherung vorzustellen.

Erklärungsbeispiel:
Gehen wir davon aus, wir kennen jemanden, der eine Daimler-Anleihe hält. Er kann sie aus bestimmten Gründen gerade nicht verkaufen, hat allerdings die Befürchtung, dass Daimler in den nächsten Jahren in Schwierigkeit kommen wird. Dieser Investor fragt uns jetzt, ob wir bereit wären, ihm das Risiko, dass Daimler zahlungsunfähig wird, zu versichern. Das Geschäft läuft dabei auf Folgendes hinaus: Der Investor zahlt uns jedes Jahr eine Versicherungsprämie, die wir auf jeden Fall behalten dürfen. Wenn es allerdings zu einem Ausfall von Daimler kommt, müssen wir dem Versicherungsnehmer den Differenzbetrag zwischen dem Restwert seiner Anleihe und dem Vollwert (d.h. 100%) des Anleihen-Nominals auszahlen.

Dieses Geschäft: Prämie gegen mögliche Auszahlung, nennt man ein Kreditderivat.

Nebenbemerkung: Diejenigen, die mit Aktienoptionen vertraut sind, werden diese Geschäftsart erkennen. Der Investor hat nämlich nichts anderes getan, als eine Put-Option auf seine Unternehmensanleihe gekauft, was uns in die Situation des Stillhalters gebracht hat. Die Prämie für unser Stillhalten kriegen wir dabei jährlich ausgezahlt.

3. Welche Versicherungsprämie ist angemessen?

Die Höhe der Versicherungsprämie ist dabei recht einfach zu bestimmen. Wenn wir bei unserem Beispiel von oben bleiben, werden wir von dem Investor eine Versicherungsprämie von 0.7% pro Jahr verlangen. Denn dies ist genau der Betrag, den er von Daimler dafür bekommt, dass er sein Geld in eine Daimler-Anleihe und nicht in eine Staatsanleihe anlegt.

Unsere Hoffnung ist, dass sich die Risikoeinschätzung von Daimler verbessert. Denn wenn wir jemanden finden, der UNS das Risiko von Daimler für 0.5% pro Jahr versichert, bekommen wir jährlich 0.2%, ohne dass wir irgend ein Restrisiko hätten!

4. Warum Kreditderivate?

Profi-Investoren haben mehrere Gründe, den Kauf von Kreditderivativen dem Kauf von Unternehmensanleihen vorzuziehen:

a) man braucht viel weniger Kapitaleinsatz, um ein Kreditderivat zu kaufen

b) man kann Kreditderivate nicht nur kaufen, sondern auch leerverkaufen (d.h. auf fallende Kurse spekulieren)

c) Kreditderivate können auch auf Unternehmen abgeschlossen werden, die keine Unternehmensanleihen emittiert haben

Nichtsdestotrotz muss an dieser Stelle gesagt werden, dass es sich bei Kreditderivaten um absolute Profi-Instrumente handelt.

Der inhärente Hebel kann zu einem vielfachen Verlust des eingesetzten Kapitals führen. Auch von der rechtlichen Seite sind sie deutlich komplizierter als normale Unternehmensanleihen. Und auch Profis unterschätzen oft die Risiken dieser Instrumente. Die Immobilien-Krise in den USA im Juni/Juli 2007 wurde in erster Linie durch den sorglosen Einsatz von Kreditderivaten ausgelöst.

Richtig eingesetzt, können sie allerdings einen erheblichen Beitrag zur Risikominderung und Stabilisation unseres Finanzsystems leisten.


Erklärungen und Definitionen:
Hier habe ich nocheinmal separat die wichtigster Definitionen zu den oben verwendeten Begriffen zusammengepackt. Wer also gerne bei Wikipedia nochmals ein paar Begriffe nachlesen möchte, ist hier genau richtig:
Kreditderivate, Subprime Krise USA, Anleihe, Spread, Finanzsystem


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1 Comment:

  1. Anonym said...
    Ansprechend beschrieben ;-). Danke

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